Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Kolumbien |

Erbitterter Widerstand gegen Stierkampf-Saison

Kreativ aber zum Teil auch handgreiflich gingen die Demonstranten in Bogota gegen die Stierkampfbesucher vor. Foto: Tobias Käufer.
Kreativ aber zum Teil auch handgreiflich gingen die Demonstranten in Bogota gegen die Stierkampfbesucher vor. Foto: Tobias Käufer.

Am Ende kann nur eine massive Drohung der Staatsmacht helfen: Die Spezialkräfte der kolumbianischen Polizei fahren Wasserwerfer und schwer gepanzerte Fahrzeuge auf, um das umstrittene Spektakel zu retten. Die Stierkampfsaison in der Hauptstadt Bogota hat begonnen, doch so massiv wie an diesem ersten Tag der noch bis zum 19. Februar 2017 laufenden Veranstaltungsreihe, war der Widerstand gegen die alte Tradition in der Arena Plaza Santamaria noch nie.

Student David Razelli gehört zu denen, die am Absperrgitter waren, um all jenen ihren Protest entgegen zu brüllen, die sich eine Eintrittskarte gekauft haben. "Wir bleiben friedlich", verspricht er. "Aber wir wollen den Stierkampf-Besuchern ins Gesicht sagen, was wir von diesen altertümlichen Praktiken halten. Das ist keine Kunst oder Kultur, das ist Tortur." Ein Gericht in Bogota hatte erst im vergangenen Jahr das zuvor untersagte traditionsreiche Spektakel wieder zugelassen - als kulturelle Veranstaltung.

"Mörder, Mörder" schallt es den Stierkampfbesuchern nun aus mehr als tausend Kehlen entgegen. Bleiben die Zuschauer stehen und versuchen sich den Demonstranten zu stellen, kommt es oft zu Handgreiflichkeiten. Schläge, Steine, Tritte auf der einen Seite, auch gegen völlig verängstigte kleine Kinder, die von ihren Eltern mit in die Arena genommen werden und angesichts der auf sie ein brüllenden Demonstranten zu weinen beginnen. Doch auch hinter dem Zaun wird geweint. Wie Camilia, die zu den friedlichen Demonstrantinnen zählt, aber in ihrer Ohnmacht nichts gegen den Beginn der neuen Saison etwas tun zu können, den Tränen freien Lauf lässt. "Was hier passiert ist respektlos gegenüber der Natur und der Umwelt", sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. "Das hat doch nichts mit Kultur zu tun, wenn man Freude daran hat, zu sehen, wie ein Tier sinnlos stirbt."

Je näher der Beginn der Auftaktveranstaltung rückt, desto hitziger wird es im Zentrum der Millionen-Metropole. Attackierte Besucher schlagen zurück, zeigen den Demonstranten den Mittelfinger. Nun rüstet auch die Polizei auf, schickt die mobile Spezialeinheit "Esmad" ins Geschehen, die sonst nur bei sozialen Unruhen oder gewalttätigen Demonstrationen gerufen wird.

Sinneswandel des Bürgermeisters

Es ist ein bunter Haufen, der sich da vor der Stierkampfarena getroffen hat: Veganer, Vegetarier, vermummte Revolutionäre und viele junge Umweltschützer, die nicht länger zulassen wollen, dass in ihrer Stadt Stiere zu Unterhaltungszwecken getötet werden. Ihr gemeinsamer Feind: Bürgermeister Enrique Penalosa, der der konservativ-bürgerlichen Partei "Cambio Radical" angehört.

Das ausgerechnet der ehemalige Grünen-Politiker Penalosa das Schauspiel zulässt, verzeihen ihm viele junger Kolumbianer nicht. Angesichts des ebenso massiven wie teuren Polizeiaufgebots, 34 Verletzten und den Bildern von Ausschreitungen bleibt abzuwarten, wie lange sich Bogotas Stadtverwaltung, die angesichts des laufenden Friedensprozesses im Land auf neue Touristenströme hofft, dieses Spektakel für einige wenige tausend Zuschauer noch leisten will - vom Sinn dieser Veranstaltung ganz zu schweigen.

Erste Konsequenzen

Bogotas Bürgermeister Enrique Penalosa hat nach den Ausschreitungen weitere Demonstrationen an den Veranstaltungstagen in der kolumbianischen Hauptstadt verboten. Angesichts der Gewalt, die sich am vergangenen Sonntag gezeigt habe, werde es an den Zufahrtswegen zur Stierkampfarena "Santamaria" keine Erlaubnis für weitere Proteste geben, erklärte Penalosa am Montag. Natalia Parra, Sprecherin der Tierschutzbewegung "Alto" sagte der Tageszeitung "El Tiempo" bei den Gewalttätern habe es sich um unbekannte Provokateure gehandelt, die sich unter die Demonstranten gemischt hätten. Eine andere Aktivistengruppe erklärte, die Gewalttäter seien erstmals seit 15 Jahren bei den Protesten aufgetaucht.

Schon am Mittwoch könnte der ganze Spuk vorbei sein. Dann entscheidet das Verfassungsgericht laut Medienberichten, ob der Stierkampf im ganzen Land verboten werden soll. Auch deshalb waren die Proteste zum Auftakt so heftig und dürften ihre Wirkung nicht verfehlt haben.

Text und Foto: Tobias Käufer.

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz