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Eine Einheitswährung für Lateinamerika?

Inflation und Spekulation machen den lateinamerikanischen Währungen zu schaffen. Nun erlebt die Idee einer Einheitswährung ein Comeback. Kann das funktionieren?

Unechtes Papiergeld und ein ausgestopftes Gürteltier als Glücksbringer an einem Markstand in Perus Hauptstadt Lima. Foto (Symbolbild): Adveniat/Martin Steffen

Unechtes Papiergeld und ein ausgestopftes Gürteltier als symbolische Glücksbringer an einem Markstand in Perus Hauptstadt Lima. Foto (Symbolbild): Adveniat/Martin Steffen

Für Luiz Inácio Lula da Silva ist es eine Frage der Unabhängigkeit der ganzen Region: "Wenn Gott will, werden wir eine gemeinsame Währung für Lateinamerika schaffen, denn wir sollten nicht vom Dollar abhängig sein", sagte Lula vor wenigen Wochen.

Ob das im beginnenden Wahlkampf nur der Versuch war, ein Thema zu setzen, oder ob es der derzeit in den Umfragen führende ehemalige brasilianische Präsident (2003-2011) wirklich ernst mit dieser Idee meint, bleibt erst mal dahingestellt. Die Initiative hat aber eine Debatte ausgelöst. Das argentinische Wirtschaftsportal "El Destape" fragte daraufhin: "Eine Einheitswährung für ganz Lateinamerika - ist das möglich?"

Ein Zahlungsmittel namens "Süden"

Zuvor hatte schon Fernando Haddad diese nicht ganz neue Idee aufgegriffen. Haddad ist ehemaliger Bürgermeister von São Paulo und Ex-Präsidentschaftskandidat der linksgerichteten Arbeiterpartei PT, der 2018 im Urnengang dem derzeit amtierenden brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro unterlag.

Er brachte jüngst in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Folha" die Idee erneut ins Spiel. Das neue Zahlungsmittel hat in Haddads Gedankenspiel sogar schon einen Namen und würde "Sur" (Süden) heißen. Wenn ein politisches Schwergewicht wie Lula diese Idee aufgreift, kann dies als Beleg gesehen werden, dass das Thema das Zeug hat, die Menschen zu bewegen.

Kein einfacher Weg

Die Idee einer Einheitswährung ist leicht formuliert, der Weg dahin allerdings umso beschwerlicher: Jacques D'Adesky von der Universität Federal Fluminense in Rio de Janeiro verweist auf die bestehenden Unterschiede und historischen Rivalitäten, beispielsweise zwischen den Nachbarn Argentinien und Brasilien.

"Die Bildung einer einheitlichen Währungszone würde erst einmal viele Verhandlungen zwischen den zukünftigen Partnern erfordern", so D'Adesky zur DW. Ein solcher Prozess würde Jahre dauern.

Wirtschaftswissenschaftler Leandro Dias von der Bank "AkinTec" aus São Paulo will erst mal abwarten, ob die Idee den aktuellen Wahlkampf überlebt. Grundsätzlich habe aber der Wirtschaftsraum Mercosur bereits dazu beigetragen, dass die Region enger zusammenarbeite. Derzeit würden aber "die meisten Länder trotzdem bei ihrer Souveränität und wirtschaftlichen Unabhängigkeit bleiben wollen", so Dias im DW-Gespräch.

Auch Maduro für Einheitswährung

Eine lateinamerikanische Einheitswährung, wie sie sich Haddad vorstellt, hat das Ziel, "den Handel und den kommerziellen Austausch in den Ländern der Region zu verbessern". Sie soll laut Vorschlag des Brasilianers als digitale Währung von einer Zentralbank gestützt werden. Um einen allerersten Schritt in diese Richtung zu machen, braucht es allerdings erst einmal eine Absichtserklärung mehrerer Regierung, damit Verhandlungen überhaupt aufgenommen werden können.

Die Idee einer Einheitswährung brachte jüngst auch Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolás Maduro wieder ins Spiel, dessen Land seit Jahren unter einer chronischen Inflation leidet. Maduro regte an, den Sucre, ein Zahlungsmittel des von Linksregierungen dominierten Staatenbündnisses ALBA, als regionales digitales Zahlungsmittel zu forcieren, das dann den US-Dollar ersetzen könnte. Allerdings ist der Sucre bis heute nicht über einen symbolischen Status hinausgekommen. Und angesichts der Dauerkrise in Venezuela ist das Vertrauen in Maduros wirtschaftspolitische Kompetenz in der Region gering.

Vorbild Europa

Die Einführung eines einheitlichen lateinamerikanischen Zahlungsmittels hätte ähnlich wie die des Euro in Europa auch eine politische Dimension. Lateinamerika - oder Südamerika - würde wirtschaftlich und gesellschaftlich enger zusammenrücken und als einheitlicher Wirtschaftsraum gesehen.

Der von Haddad vorgeschlagene "Sur" wäre dann ein Vorläufer zu einer politischen Entwicklung, die irgendwann einmal in eine Lateinamerikanische Union oder die "Vereinigten Staaten von Lateinamerika" münden könnten.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Tobias Käufer (Bogotá), Mitarbeit: Ramona Samuel (Rio de Janeiro)

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