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Deutschlands Rückzug aus Honduras - Was das Ende der Zusammenarbeit bedeutet

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller will die Zusammenarbeit mit 27 Staaten kappen. Auch Honduras trifft der Plan. Das bedeutet: Weniger deutsches Geld wird künftig in das Land fließen. Viele in Honduras halten das für ein falsches Signal.

Honduras, Deutschland, Solidarität, internationale Zusammenarbeit

Menschen in Honduras zeigen ihre Sympathie für Deutschland. Foto: J. Werner

Die Grundschullehrerin Yancy Posadas spürt praktisch jeden Tag, wie die Menschen in Honduras Deutschland wahrnehmen. Seit Jahren unterrichtet sie an der staatlichen Grundschule „Escuela República Federal de Alemania“, die nach ihrer Gründung vor mehr als 50 Jahren einmalig von der Bundesrepublik unterstützt wurde. Diese finanzielle Geste brachte Deutschland viel Sympathie. Yancy Posadas erinnert sich, wie das Schulgebäude immer weiter gewachsen ist, weil es Eltern und Lehrer freiwillig renoviert und Stifte und Bücher aus eigener Tasche bezahlt haben. Sie hätten das auch im Bewusstsein getan, Deutschland ein kleines bisschen nachzueifern. Das Land, das in Honduras viele wegen Marken wie Mercedes-Benz oder der Nationalmannschaft bewundern. Während der letzten Weltmeisterschaft weinten einige Schulkinder sogar, als Deutschland verlor. Es zeigt auch, wie Deutschland mit seiner Hilfe über Jahrzehnte hinweg die Herzen hunderter Honduraner eroberte.

 Yancy Posadas wünscht sich, dass sich Deutschland an ihre Schule erinnere. Es brauche gerade jetzt Hilfe in Form von Lehrmaterialien, möglicherweise sogar Computern - eine Kooperation auf lokaler Ebene, um den unterfinanzierten staatliche Schulen zu helfen. „Deutschland darf nicht aufhören uns zu unterstützen", meint Yancy Posadas.

Deutschlands Rückzug öffnet Lücke für andere 

Rossana Guevara sieht das ähnlich, sie hat das große Ganze im Blick. Die ehemalige honduranische Vize-Präsidentin ist Abgeordnete im Parlament des Zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA) mit Sitz in Guatemala. Sie sieht enorme Probleme im Umweltschutz und die Gefahren  des Klimawandels. Flüsse seien verschmutzt, in vielen Gebieten herrsche Wassermangel.  Am stärksten treffe das die ohnehin marginalisierten Gruppen des Landes, zu denen auch die indigene Bevölkerung zählt. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hatte bisher mit diversen Projekten dazu beigetragen, genau diese Probleme zu lindern. „Das Ende dieser fruchtbaren Kooperation ist bedauernswert“, sagt Rossana Guevara.  

Bislang ist die GIZ allein in Honduras mit aktuell 16 Projekten im Wert von mehr als 44 Millionen Euro präsent. Für sein weltweites Engagement stehen dem BMZ jährlich Mittel von über zehn Milliarden Euro zur Verfügung, die zu einem Großteil bislang als bilaterale Unterstützung in 85 Länder flossen. Für ein Drittel dieser Staaten wird die Kooperation nun gestrichen. Der zuständige Minister Gerd Müller erklärt dazu: „Das ist, wie wenn ich in einem großen Garten mit der Gießkanne herumlaufe. Und deshalb müssen wir uns konzentrieren." Außerdem will er zukünftig die Förderungen seines Ministeriums an Erfolge „bei Good Governance, Einhaltung der Menschenrechte, der Gleichberechtigung von Frau und Mann und Erfolge im Kampf gegen Korruption“  knüpfen.“

Rossana Guevara findet es nachvollziehbar, dass die Deutschen angesichts der Bürokratie und Korruption im Lande frustriert seien, ein Rückzug sei aber keine Lösung. Honduras benötige die Solidarität aus Deutschland. Ähnlich äußert sich Caroll Chávez, die ehemalige Leiterin der Stadtreinigung der Hauptstadt Tegucigalpa. Die Hilfe anderer Länder hätten in der Vergangenheit maßgeblich dazu beigetragen, neue Müllfahrzeuge anzuschaffen und über die Folgen der Umweltverschmutzung aufzuklären. Der neue Plan Deutschlands verlässt diesen Weg nun.

Dadurch eröffnet es vor allem Akteuren wie China die Möglichkeit, diese geopolitische Lücke zu schließen. In Honduras aber auch in Nachbarländern wie El Salvador spürt man den Einfluss Chinas bereits. El Salvador hat bereits die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan einfrieren lassen, um im Gegenzug Geld für Infrastrukturprojekte aus China zu erhalten. Honduras ist zwar traditionell ein politischer Verbündeter der USA und damit Taiwans, trotzdem stoßen auch dort die Verheißungen aus Peking auf Interesse, gerade weil die Trump-Regierung internationalen Partnern die kalte Schulter zeigt und weiter auf "America first" pocht.

Von der "Weltöffentlichkeit vergessen"

Der deutsch-honduraner Fritz Pinnow unterstützt in den Semesterferien die Organisation PROLANSATE. Die Organisation schützt den Jeanette Kawas Nationalpark, benannt nach der gleichnamigen Umweltschützerin und Großmutter Pinnows, die vor 25 Jahren wegen ihres Engagements ermordet wurde. Pinnow vermutet hinter der Entscheidung Deutschlands vor allem politisches Kalkül: Aufgrund des Migrationsdrucks wirke es so, als wolle das BMZ stärker mit Nordafrika und dem Nahen Osten zusammenarbeiten und dafür andere Regionen aufgeben. "Ethisch fragwürdig" findet Pinnow solche Abwägungen. 

Deutschland gefährde damit den kritischen Dialog mit demokratisch wenig gefestigten Staaten wie Honduras, meint auch Adveniat-Referentin für Mittelamerika Inés Klissenbauer: „Diese kleinen Länder befinden sich in einer schwierigen Lage,  immer mehr von der Weltöffentlichkeit vergessen und verlassen zu werden.“

Gastbeitrag: Janek Bruno Werner 

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