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Zurückhaltung des Papstes zu Nicaragua sorgt für Kritik

Bianca Jagger, Mexikos Ex-Präsident Felipe Calderon, Pulitzer-Preisträger Andrés Oppenheimer und weitere Prominente kritisieren, dass sich Papst Franziskus nicht eindeutig zu den jüngsten Vorfällen in Nicaragua äußert.

Papst Franziskus verabschiedet sich nach seinem Besuch in Ecuador am 8. Juli 2015 auf dem Flughafen in Quito. Foto (Symbolbild): Despedida Papa Francisco, Carlos Pozo Albán / Cancillería del Ecuador, CC BY-SA 4.0​

Papst Franziskus verabschiedet sich nach seinem Besuch in Ecuador am 8. Juli 2015 auf dem Flughafen in Quito. Foto (Symbolbild): Despedida Papa FranciscoCarlos Pozo Albán / Cancillería del Ecuador, CC BY-SA 4.0

Während draußen die Polizei das Gelände abriegelte, feierte Bischof Rolando Alvarez mit einigen Mitstreitern Gottesdienst in seiner Kirche in Matagalpa. Mehr als zwei Wochen dauerte die Einkesselung des nicaraguanischen Regierungskritikers. Sein Schicksal sorgt international für Aufsehen. Ein Bild, auf dem zu sehen ist, wie er auf Knien für die bewaffneten Polizisten um Barmherzigkeit bittet, ging um die Welt.

Am Freitag schließlich schlug das Regime zu: Das Bischofshaus wurde gestürmt, die Beamten schafften Alvarez und mehrere weitere Geistliche in einem Autokonvoi fort. Örtlichen Medienberichten zufolge befindet sich der Bischof nun unter Arrest in der Hauptstadt Managua. Die anderen Priester sollen in ein Gefängnis gebracht worden sein. In einer knappen Mitteilung nannten die Behörden "destabilisierende Aktivitäten" als Grund.

Prominente kritisieren den Papst

Erst nach langem Zögern äußerte sich der Papst am Sonntag zu den jüngsten Vorgängen in Nicaragua. Allerdings blieb er dabei vage und unverbindlich, warb beim Mittagsgebet für einen "offenen und ehrlichen" Dialog. Er verfolge die Lage in dem mittelamerikanischen Krisenland mit "Sorge und Schmerz", sagte Franziskus. Bischof Álvarez blieb unerwähnt. Mit dieser Zurückhaltung sorgt das Kirchenoberhaupt aus Argentinien für Befremden. Denn während der lateinamerikanische Bischofsrat CELAM sowie viele nationale Bischofskonferenzen der Kirche in Südamerika deutliche Worte fanden, wirken die diplomatischen Einlassungen des Papstes auffallend zahnlos.

Inzwischen mehren sich die prominenten Stimmen, die ihn kritisieren. "Es ist schwer zu sagen, was skandalöser ist: die Entscheidung des nicaraguanischen Diktators Daniel Ortega, sieben Radiosender der katholischen Kirche zu schließen und den Hausarrest eines Bischofs und seiner Helfer anzuordnen, oder das völlige Schweigen von Papst Franziskus zu diesen Angriffen auf sein eigenes Volk", schrieb der argentinische Pulitzer-Preisträger und CNN-Journalist Andrés Oppenheimer kürzlich für die Tageszeitung "El Nuevo Herald" aus Miami.

Die gebürtige Nicaraguanerin Bianca Jagger, Ex-Frau von Rolling-Stones-Boss Mick Jagger und heute als engagierte Menschenrechtsverteidigerin aktiv, forderte Franziskus auf, eindeutig Stellung zu beziehen und "seine Bischöfe und Priester nicht im Stich zu lassen". Das gelte "insbesondere für Bischof Rolando Álvarez, dessen Leben in Gefahr ist", sagte Jagger vor einigen Tagen vor Journalisten in London.

"Ohrenbetäubende Stille"

Auch Mexikos Ex-Präsident Felipe Calderon (2006-2012) äußerte gemeinsam mit anderen ehemaligen Staatschefs aus Lateinamerika Kritik: Im Moment überfalle die nicaraguanische Diktatur Kirchen, entführe Gemeindemitglieder und Schutzsuchende. Eine scharfe Verurteilung dieser Vorfälle durch demokratische Regierungen und insbesondere durch Franziskus sei dringend erforderlich. Die "Barbarei" müsse gestoppt werden, schrieb Calderon. Seinen Tweet untermauerte er mit einem Video, das zeigt, wie nicaraguanische Sicherheitskräfte in eine Kirche eindringen.

Der Jurist und Generalsekretär der unabhängigen nicaraguanischen Vereinigung für Menschenrechte (ANPDH), Alvaro Leiva, schrieb eigens einen Brief an den Papst und merkte an: "Es gibt wenige Dinge, die so ohrenbetäubend sind wie die Stille." Warum sich der oberste Repräsentant der katholischen Kirche zunächst gar nicht, und dann nur sehr zurückhaltend äußerte, ist unklar. Ein lateinamerikanischer Kirchenkenner vermutet, der Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo Brenes, habe Franziskus gebeten, Vorsicht walten zu lassen, damit die Situation nicht weiter eskaliere.

Zu Monatsbeginn war bekannt geworden, dass die sandinistische Regierung von Daniel Ortega in Nicaragua ein halbes Dutzend Radiostationen der Diözese Matagalpa geschlossen hatte. Zur Begründung gab die Telekommunikationsbehörde eine fehlende Sendeerlaubnis an. Zudem warf die Justiz Ortsbischof Álvarez Anstachelung zur Gewalt und Aufruhr vor.

Regierung verbietet mehr als 1.200 NGOs

Seit Ende 2018 sind laut Medienberichten etwa 1.200 Nichtregierungsorganisationen in Nicaragua die rechtlichen Grundlagen für die Fortsetzung ihrer Arbeit entzogen worden. Auch kirchliche oder der Kirche nahestehende Organisationen sind von den Verbotsmaßnahmen betroffen. Basis der Zahlen ist eine Datenbank, die das Portal "Confidencial" angelegt hat.

Nicaragua erlebt seit 2018 eine Krise mit landesweiten Protesten gegen die linksgerichtete Ortega-Regierung. Seit Beginn kamen rund 350 Menschen ums Leben, Tausende wurden verletzt. Nicaraguas Kirche, Menschenrechtler und unabhängige Medien kritisierten immer wieder in scharfer Form die Rechtsverstöße der Machthaber.

 

"Kirche ist Ortega ein Dorn im Auge"
Inés Klissenbauer vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat erklärt im Interview mit dem Domradio, warum das autoritäre Regime von Präsident Daniel Ortega so hart gegen die katholische Kirche in Nicaragua vorgeht.

Autor: Tobias Käufer (kna)

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