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Argentinien |

Das "€?Drama"€? vom wundersamen Reichtum der Kirchners

Puebla. Er regiert, sie kümmert sich um die Geschäfte, dann regiert sie, und er kümmert sich um die Geschäfte – die Aufgabenteilung des Präsidentenehepaars Kirchners in Argentinien scheint bestens zu funktionieren. Von 1,2 auf 8,5 Millionen Euro haben Cristina und Nestor Kirchner ihr Vermögen seit 2003 – dem Amtsantritt von Nestor - vermehrt, alleine im letzten, wirtschaftlichen Krisenjahr konnten sie eine Steigerung um 158 Prozent verzeichnen. So ist es zumindest der offiziellen Steuererklärung zu entnehmen, die auf Antrag der Opposition von einem Gericht geprüft wurde. Der zuständige Richter, der die Aktenberge und Finanzkonstrukte der Kirchners in 38 Tagen durchleuchtet haben will, konnte daran nichts Verdächtiges feststellen. Das Verfahren wurde kürzlich eingestellt.

Die argentinische Presse jedoch blieb am Ball, und brachte jetzt - wenige Tage nach dem skandalumwitterten Rauswurf des Zentralbankpräsidenten Martin Redrado - pikante Neuigkeiten ans Licht. Etwa, dass Nestor Kirchner im Oktober 2008 rund zwei Millionen US-Dollar (1,4 Millionen Euro) in Devisen kaufte – kurz vor der Abwertung des Peso im Zuge der weltweiten Finanzkrise. Der Verdacht auf Insiderinformationen liegt nahe und wird auf Antrag der linken Bürgerkoalition (CC) wohl erneut gerichtsanhängig werden. „Wir gehen von illegaler Bereicherung aus“, argumentieren die Abgeordneten. Er habe das Geld in diesem Moment getauscht, um davon das Hotel El Sauce zu kaufen, das er in Dollar bezahlt habe, verteidigte sich Nestor Kirchner. Ein ähnlich grenzwertiger Fall wie viele andere Geschäfte des Ehepaars, in denen Politik und Business eng verwoben sind.

Zentrum des kirchnerischen Wirkens ist ihre südliche Heimatprovinz Santa Cruz, in der Nestor in den 90er Jahren Gouverneur war. Schon damals war sein Geschäftssinn legendär. So brachten die Kirchners ihr Vermögen – und gleichzeitig auch 550 Million Dollar der Regionalregierung - kurz vor der Finanzkrise 2001 auf Konten in den USA und der Schweiz in Sicherheit. Während Millionen argentinischer Sparer aufgrund der Abwertung zwei Drittel des Wertes ihrer Ersparnisse verloren, sicherten sich die Kirchners nicht nur ihr Vermögen, sondern sie vervierfachten es bei der Rückführung und Umwandlung der Einlagen in Pesos 2002. Die beiden gäben sich zwar politisch links, ihr Geldbeutel sitze aber rechts, und mit ihrem phänomenalen Geschäftssinn wollten sie ihren Landsleuten lediglich eine praktische Lektion in Kapitalismus erteilen, ironisierte der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa in einer Kolumne der argentinischen Tageszeitung „La Nación“.

Gerade das Hotel El Sauce in El Calafate, dem Tourismuszentrum nahe des Perito-Moreno-Gletschers, steht schon länger im Zentrum der Kritik. Der Kredit, den ein befreundeter Bauunternehmer angeblich dafür springen ließ, ist noch nicht zurückgezahlt. Aber der spendable Unternehmer bekam vom kirchnertreuen Bürgermeister von El Calafate den Zuschlag für ein lukratives Grundstück – zum Spottpreis von 1,5o Euro pro Quadratmeter. El Sauce wurde indes an den Unternehmer Juan Carlos Relats für zwei Millionen Euro im Jahr verpachtet. Das Hotel schreibt rote Zahlen – aber damit scheint Relats leben zu können, der in den vergangenen Jahren öffentliche Bauaufträge in Millionenhöhe erhalten hat.

Billig verkaufen – teuer verkaufen lautet das andere Erfolgsrezept der Kirchners. So zahlten sie 2005 für ein 60 Hektar großes Grundstück in El Calafate 69 Cents pro Quadratmeter, ein Jahr später veräußerten sie es für 50 Euro pro Quadratmeter. Von den lukrativen Immobiliengeschäften profitierten auch verschiedene Minister, Angehörige und Geschäftspartner der Kirchners. Auch bei der Geldanlage scheinen die Kirchners ein gutes Händchen zu haben. So werfen ihre Einlagen auf Konten in Patagonien deutlich mehr Zinsen ab als die Banken sonst in Argentinien zahlen, alleine an Wechselkursgewinnen konnten sie von 2005 bis 2008 315.000 Dollar verbuchen.

Das Drama ihrer Familie sei, weiße Schafe inmitten einer Herde von schwarzen zu sein, versuchte Präsidentin Cristina Kirchner die Vorwürfe zu entkräften. Die Argentinier seien daran gewöhnt, überall das Haar in der Suppe zu suchen, erklärte sie und ging gleich zum Gegenangriff über: Insbesondere gelte das für die Mediengruppe Clarin, gegen die ein Verfahren wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Höhe von 300 Millionen Dollar anhängig sei. Clarin gehört zu den einflussreichen oppositionellen Medien, die besonders scharf die Regierung kritisieren. Die Unternehmergruppe wird durch das im Vorjahr vom Kongress beschlossene Anti-Monopol-Mediengesetz in ihrer Tätigkeit eingeschränkt.

Der Skandal um die Kirchners sei selbst fabriziert, äußert indes der Kommentator Andres Oppenheimer im „Miami Herald“ eine andere Vermutung. „Damit die ganzen Korruptionsverfahren von hörigen Richtern noch während ihrer Amtszeit niedergeschlagen werden und anschließend nicht erneut aufgegriffen werden können.“ Ein Verdacht, der angesichts der politischen Konjunktur nicht ganz von der Hand zu weisen ist: 2011 finden in Argentinien Präsidentschaftswahlen statt, und die Lage für die Kirchners ist nicht rosig. Im neu gewählten Kongress müssen sie gegen eine oppositionelle Mehrheit regieren, die Haushaltslage ist angespannt, und ihre Popularität im Sinken begriffen. Dass der Filz zwischen Politik und Geschäften mit der Ära Kirchner endet, ist jedoch unwahrscheinlich. Auf Seiten der Opposition stehen schon zwei Anwärter auf den Präsidentensessel in den Startlöchern: der Baulöwe und Fussballclubbesitzer Mauricio Macri, derzeit Bürgermeister von Buenos Aires, und der Medien- und Supermarktmogul Francisco de Narvaez.

Autorin: Sandra Weiss

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