Darum sind Indigene vom Corona-Virus besonders gefährdet
Nachdem sich erste Angehörige indigener Völker in Lateinamerika infiziert haben, fehlt es an Daten sowie an Arznei- und Lebensmitteln.
Die Gesundheitsbehörden dreier lateinamerikanischer Länder meldeten bislang 12 Infizierte und fünf an COVID-19 verstorbene Indigene, wie die spanische Tageszeitung „El País“ berichtet. Zwei der Toten lebten in der Städten, drei auf ländlichem indigenem Gebiet. Zu den Opfern zählt ein 15-jähriger Yanomami. Alarmiert sind die brasilianischen Gesundheitsbehörden wegen einer Totenwache für eine 87-jährige im brasilianischen Bundesstaat Pará, an der Hunderte Indigene aus verschiedenen Gemeinden teilnahmen, und die ohne Vorkehrungen stattfand. Einer der Trauernden wurde inzwischen positiv getestet und liegt mit schweren Symptomen im Krankenhaus. Brasilien ist das Land mit den meisten bestätigten Fällen infizierter Indigener. Betroffen sind bislang außerdem Kolumbien und Peru.
Bislang bekannte Fälle nur die Spitze eines Eisbergs?
Zur besonderen Verwundbarkeit Indigener kommt hinzu, dass Ärzte das Corona-Virus in ihre Gemeinschaft einschleppen könnten. Viele Indigene leben isoliert, fernab der städtischen Räume, in denen es Krankenhäuser gibt. Die relativ geringe Zahl bestätigter Fälle lässt befürchten, dass die Folgen der Pandemie für die indigenen Völker unterschätzt werden. Aufgrund der strukturell ungleichen Lebensbedingungen handelt es sich um eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe in Lateinamerika. Indigene sind daher nicht nur für COVID-19, sondern generell für Krankheiten in hohem Maße anfällig, etwa für Diabetes. An dieser leidet weltweit mehr als die Hälfte der indigenen Bevölkerung im Alter von 35 Jahren aufwärts.
Selbstisolierung birgt Gefahr der Unterversorgung
In Brasilien nimmt die indigene Gesundheitsbehörde SESAI Corona-Schnelltests in indigenen Gemeinden vor, damit die Bewohner nicht in die Stadt aufbrechen müssen. In Venezuela oder Ecuador dagegen gibt es keine staatliche Gesundheitsversorgung für die indigenen Völker. In ganz Lateinamerika bilden diese 8,5 Prozent der Bevölkerung. Der Anteil an den Menschen, die in extremer Armut leben, beträgt dagegen 30 Prozent. Viele indigene Gemeinden isolieren sich inzwischen komplett, damit sie das Corona-Virus nicht erreicht. Was auf der anderen Seite das Risiko einer Unterversorgung von Gemeinden birgt, für die der Staat schon in normalen Zeiten kein besonders großes Interesse zeigt.