Chile: Regierungen beraten über Pläne für Gedenkort der Colonia Dignidad
Eine chilenisch-deutsche Expertenkommission hat ein Konzept für die Errichtung einer Gedenkstätte auf dem Gelände der deutschen Sekte Colonia Dignidad in Chile vorgelegt. Es soll ein Ort der Trauer und des Erinnerns werden, der die Verbrechen der Sekte dokumentiert.
Die Regierungen in Deutschland und Chile beraten über Pläne für einen Gedenkort in der chilenischen Colonia Dignidad. Wann diese Beratungen abgeschlossen seien, lasse sich momentan nicht sagen, hieß es am Donnerstagabend, 24. Juni 2021, seitens der für die Ausarbeitung eines Konzepts eingesetzten deutsch-chilenischen Expertenkommission. In beiden Ländern stünden in diesem Jahr Wahlen an, was die Entscheidungsfindung aller Voraussicht nach verzögern werde.
Die Colonia Dignidad wurde Anfang der 1960er Jahre von dem gebürtigen Bonner Paul Schäfer (1921-2010) in Chile gegründet. Auf der Anlage rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago versprach der aus einem freikirchlichen Umfeld stammende Laienprediger seinen Anhängern ein "urchristliches Leben im Gelobten Land". Tatsächlich führte Schäfer ein diktatorisches Regime und schottete die Sektenmitglieder von der Außenwelt ab.
Sektengründer Schäfer führte Schreckensherrschaft
Zu den Verbrechen zählten unter anderem Freiheitsberaubung, Zwangsarbeit und Sklaverei, Kindesmissbrauch, Körperverletzung, Folter und Verabreichung von Psychopharmaka ohne medizinische Indikation. Während der Militärdiktatur (1973-1990) wurden in der Colonia Dignidad Hunderte Regimegegner vom chilenischen Geheimdienst gefoltert und Dutzende ermordet.
Bei der Online-Pressekonferenz am Donnerstagabend stellten die Psychologin Elizabeth Lira, die Politologin Elke Gryglewski, der Historiker Jens-Christian Wagner und der Rechtsanwalt Diego Matte Grundzüge ihres Konzepts vor. Demnach sollen zentrale Bauten des Areals wie das Haus von Sektengründer Schäfer in den Gedenkort einbezogen werden. Ziel sei, einen Ort der Erinnerung und Trauer zu schaffen, an dem zugleich die Spuren der Verbrechen dokumentiert und gesichert würden. Außerdem soll die Gedenkstätte als Bildungseinrichtung genutzt werden können.