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Chile: Papst nimmt Rücktritt von Kardinal Ezzati an

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Kardinal Ricardo Ezzati Andrello wird vorgeworfen, als Erzbischof von Santiago de Chile Missbrauchsfälle vertuscht zu haben. Jetzt hat der Papst seinen Rücktritt angenommen. Foto: Adveniat/Matthias Hoch

Lange stand Kardinal Ricardo Ezzati angesichts des Missbrauchsskandals in Chile unter Druck. Am Samstag, 23. März 2019, trat er von der Leitung seines Erzbistums Santiago zurück - ein Schritt, der erwartet wurde und doch überraschend kam. Statt eines regulären Nachfolgers ernannte Papst Franziskus einen Übergangsleiter, Celestino Aos Braco, bislang Oberhirte von Copiapo in Nordchile. Aos nimmt die Rechte und Pflichten eines Ortsbischofs wahr, amtiert aber als Stellvertreter von Franziskus, also in enger Anbindung an Rom. Inzwischen sind von den 27 katholischen Verwaltungseinheiten des Landes neun mit solchen Apostolischen Administratoren besetzt - ein Drittel der Kirche Chiles hängt am verlängerten Arm des Papstes. Acht dieser Übergangsleiter wurden nach dem Aufbrechen des Missbrauchsskandals im Frühjahr 2018 ernannt.

Schon vor der aktuellen Krise hatten sich viele Katholiken von ihrer Kirche abgewandt. Chile zählt zu den am stärksten säkularisierten Ländern Lateinamerikas. Der sexuelle Missbrauch durch Geistliche hat das Image der Kirche weiter belastet. Auch Ezzati stand - wie sein Vorgänger, der frühere Papst-Berater Kardinal Javier Errazuriz - seit längerem unter der Anschuldigung, übergriffige Priester geschützt und Aufklärung verhindert zu haben. Der Ex-Priester Fernando Karadima, Symbolfigur des klerikalen Missbrauchs in Chile, stammt aus dem Erzbistum. Mit 77 Jahren kommt der Rücktritt Ezzatis nicht eben früh. Kirchenrechtlich sind Bischöfe mit Vollendung des 75. Lebensjahrs gehalten, dem Papst ihren Amtsverzicht anzubieten. Das hatte auch Ezzati getan. Bis zur Annahme ließ sich Franziskus "zwei Jahre, zwei Monate und 17 Tage" Zeit, wie Ezzati am Samstag den Journalisten vorrechnete.

Vatikan will Aufarbeitung von Missbrauch in Chile unterstützen

Zugleich signalisiert der Vatikan Bereitschaft, an der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals durch die staatliche Justiz mitzuwirken. Am Freitag überstellte er gut 20 Dokumente im Gesamtumfang von über 200 Seiten an die chilenische Staatsanwaltschaft - laut der Justizbehörde in Santiago eine "Teilantwort" auf ein Rechtshilfeersuchen vom August 2018. Verständnis für eine gewisse Reserviertheit des Vatikan äußerte ausgerechnet ein Protagonist im Kampf um Aufklärung, Juan Carlos Cruz, der als Jugendlicher von Karadima sexuell missbraucht worden war. Manche Personen hätten sich den päpstlichen Sondergesandten anvertraut und wollten nicht, dass ihre Fälle vor der ordentlichen Justiz ausgebreitet würden, sagte Cruz der Zeitschrift "La Segunda" am Freitag. Dies sei "schrecklich, aber zu respektieren".

Kardinal Ezzati geht "mit erhobenem Haupt"

Kardinal Ezzati sah in seiner siebenminütigen Pressekonferenz zum Rücktritt keinen Grund zu Selbstkritik: Er gehe "mit erhobenem Haupt". Sämtlichen Missbrauchs-Anzeigen sei man nachgegangen, man habe mit der Justiz kooperiert. Zu seiner eigenen Kooperation bei staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn sagte Ezzati, er nutze vorerst die Möglichkeit zu schweigen; er werde sprechen, wenn sein Anwalt es für opportun halte. Mit Bitterkeit und Genugtuung reagierten Missbrauchsopfer auf das Ende der Ära Ezzati. Der Kardinal stehe für alles, was sie seit Jahren bekämpft hätten, vor allem "die Kultur des Missbrauchs und der Vertuschung", erklärten Cruz und seine Mitstreiter James Hamilton und Jose Andres Murillo am Samstag per Twitter. Diese Kultur habe "unzählige Leben beschädigt und zerstört". Cruz äußerte sich zugleich "extrem glücklich". Ezzati werde sich nun vor der Justiz für jeden ihn betreffenden Fall verantworten müssen und "hoffentlich im Gefängnis dafür büßen", sagte Cruz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ezzatis provisorischer Nachfolger Aos stehe vor einer "sehr schwierigen Aufgabe": Er müsse die Kirche erneuern, für Einheit im Klerus sorgen und sicherstellen, dass die Geistlichen sich "um Missbrauchsopfer, Arme, all jene kümmern, die von Ezzati und seinen Kameraden marginalisiert wurden".

Ernannter Administrator Celestino Aos ist Psychologe und Kirchenrechtler

Aos scheint zu wissen, was auf ihn zukommt. "Die Erneuerung der kirchlichen Hierarchie allein schafft nicht den Wandel, zu dem der Heilige Geist uns antreibt", schrieb er in einem Grußwort an seine neue Gemeinde. Nötig sei die Mitwirkung aller Gläubigen in einer "synodal geprägten Kirche". Der 74-Jährige gehört den Kapuzinern an - einem Orden, der sich der Armut im Geist des heiligen Franz von Assisi verschrieben hat und als eher hemdsärmelig gilt. Außer Priester ist Aos auch noch Psychologe und Kirchenrechtler. Das mögen Qualifikationen sein, die jetzt in Santiago gebraucht werden.

Quelle: KNA, Autor: Burkhard Jürgens

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