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Chile: Maya Allende - berühmter Name, große Aufgaben

Maya Fernández Allende, die Enkelin des ehemaligen Präsidenten Salvador Allende, wird Verteidigungsministerin in Chile unter der neuen Regierung von Gabriel Boric. Heute tritt sie ihr Amt an. Auf sie warten große Herausforderungen.

Die Enkelin von Chiles ehemaligem Präsidenten Salvador Allende, Maya Fernández Allende (rechts), tritt heute ihr Amt als Verteidigungsministerin unter der neuen Regierung von Gabriel Boric an. Foto: Maya Fernández mit Innenminister Gonzalo Blumel 2018, Biblioteca del Congreso Nacional de Chile, CC BY 3.0

Die Enkelin von Chiles ehemaligem Präsidenten Salvador Allende, Maya Fernández Allende (rechts), tritt heute ihr Amt als Verteidigungsministerin unter der neuen Regierung von Gabriel Boric an. Foto: Maya Fernández mit Innenminister Gonzalo Blumel 2018, Biblioteca del Congreso Nacional de ChileCC BY 3.0

Als Maya Fernández Allende Ende Januar zu Chiles künftiger Verteidigungsministerin bestimmt worden war, dauerte es nicht lange, bis sich die Dämonen aus der Vergangenheit zu Wort meldeten. Jaime Manuel Ojeda Torrent, Ex-Oberst während der Pinochet-Diktatur (1973 bis 1990) und verurteilter Menschenrechtsverbrecher, forderte den gewählten Präsidenten Gabriel Boric auf, die Nominierung der Enkelin von Salvador Allende zurückzunehmen. Die Ernennung sei „ein Affront und eine Demütigung“ für die Streitkräfte Chiles und „ihre ehrwürdige Geschichte“. Für Ojeda Torrent stellt die Berufung Allendes „eine heimliche Rache“ für den Tod ihres Großvaters dar, den ehemaligen Präsidenten Chiles, der am 11. September 1973 mit einem Staatsstreich gestürzt wurde und noch am selben Tag im Präsidentenpalast starb. 

Mit dem Erbe der Diktatur brechen

Die Sätze des Ex-Oberst zeigen zweierlei. Zum einen lassen sie erahnen, was auf Gabriel Boric und Maya Fernández zukommt, wenn sie am Freitag ihre Jobs antreten. Beide werden sich jener rechten und ultrarechten Kräfte erwehren müssen, die alles Linke und die Demokratie noch immer für einen Angriff auf die Sicherheit und Souveränität des südamerikanischen Landes halten. 
 
Aber Fernández Allende zu nominieren, ist eine historisch richtige und politisch kluge Entscheidung, um Chile mit dem schmerzvollsten Kapitel seiner Geschichte zu versöhnen. Allendes Enkelin stellt als Chefin der Streitkräfte einen Bruch mit dem Erbe der Diktatur dar, was die Chance bietet, das Verhältnis zwischen Bürgern und Militärs neu zu definieren. „Das Eingeständnis von Menschenrechtsverletzungen ist ein notwendiger Akt, um die Seele Chiles zu heilen und in die Zukunft blicken zu können", schrieb die künftige Verteidigungsministerin kürzlich. Zuvor hatte der ehemalige Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Ricardo Martínez, eine Art „mea culpa“ für die Verbrechen in der Diktatur geäußert. 

Kabinett mit vielen Unabhängigen und Frauen

Die künftige Regierung ist die vielfältigste in der Geschichte Chiles. 14 der 24 Ressorts werden von Frauen geführt. Acht der Minister und Ministerinnen sind Unabhängige. Die 50-jährige Fernández Allende ist dabei eine der älteren und erfahrenen Politikerinnen im Kabinett. Sie ist seit 2014 Abgeordnete und saß dem Unterhaus zwei Jahre als Vorsitzende vor. Sie ist Mitglied der Sozialistischen Partei (PS), der auch ihr Großvater angehörte.
 
Die Politikerin habe versucht, „die PS nach links zu rücken, um auf die Forderungen des sozialen Aufstands von 2019 zu reagieren“, sagt María Pía Martin, Politologin an der Universität von Chile. „Wie Boric hat sie eine große Nähe zu sozialen Organisationen und der Zivilgesellschaft.“ 
 
Fernández Allende ist die zweite Frau an der Spitze dieses gerade in Chile sehr herausfordernden Ministeriums. Von 2002 an war Michelle Bachelet Verteidigungsministerin und machte ihren Job so gut, dass sie 2006 sogar zur Präsidentin aufstieg. Die Sozialistin war Tochter des Luftwaffengenerals Alberto Bachelet, der Allende 1973 treu blieb. 

Rolle der Streitkräfte neu definieren

Maya Fernández Allende steht aber vor ganz anderen Herausforderungen als damals Michelle Bachelet. Sie wird sich mit einer neuen Position der Streitkräfte in der Gesellschaft auseinandersetzen müssen. Die vielen Privilegien, die das Militär in der aus der Diktatur stammenden Verfassung genießt, dürften bald der Vergangenheit angehören. Die aktuelle Magna Charta widmet ihnen ein eigenes Kapitel, in dem weitgehende Sonderrechte bei Abgaben, Steuern, Gesundheit und Pension festgeschrieben sind. Für einige Analysten liegt genau darin, der Charakter der „Supermacht", den die Streitkräfte in Chile haben und der ihre Überheblichkeit erklärt.
 
Aber der Verfassungskonvent, der bis Juli ein neues Grundgesetz erarbeiten muss, diskutiert gegenwärtig zehn verschiedene Vorschläge, wie der Status der Streitkräfte an ein demokratisches Chile angepasst werden kann. Klar ist aber, dass die Militärs ihre übermächtige Position verlieren werden. Das birgt Konfliktpotential.

Exil in Kuba und Rückkehr nach Chile

Schrecken kann das die künftige Ministerin aber kaum. Sie hat schon wesentlich Schlimmeres erlebt. Ihre Biografie ist gezeichnet von persönlichen Verlusten. Sie hat ihren Großvater verloren, da war sie kaum zwei Jahre alt, dann floh sie mit ihrer Mutter Beatriz Allende und ihrem kubanischen Vater auf die kommunistische Insel und blieb dort 20 Jahre. Als sie sechs Jahre alt war, nahm sich ihre Mutter in Havanna das Leben. 1992 kehrte Maya Fernández nach Chile zurück, in ein für sie unbekanntes Land. Sie erlebte Ausgrenzung wegen ihres kubanischen Akzents, den sie sich in Windeseile abgewöhnte. „Ich habe eine interessante, aber nicht immer leichte Geschichte“, sagt Fernández Allende. 

Erst Tiermedizin, dann Politik

In Chile studierte sie zunächst Biologie und Tiermedizin. „Das politische Virus hat mich erst spät gepackt," sagte sie einmal. 2008 begann sie an der Basis als Stadtteilvertreterin, 2010 wurde sie ins Zentralkomitee der PS gewählt. Richtig Fahrt nahm Allendes Karriere aber erst im Zuge der sozialen Rebellion von 2019 auf. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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