Chile: Erstmals Urteil wegen sexueller Folter während Diktatur
Während der Diktatur in Chile wurden politische Gegner*innen sexuell missbraucht, erniedrigt und gefoltert. Mehr als 30 Jahre nach Ende der Pinochet-Ära hat ein Gericht nun erstmals Täter verurteilt.
Zum ersten Mal hat ein Gericht in Chile ein Urteil wegen sexueller Folter während der Pinochet-Diktatur (1973-1990) gefällt. Vor rund zwei Wochen wurden drei ehemalige Agenten der Nationalen Geheimdienstdirektion (DINA) zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie in nachweislich sechs Fällen verhaftete Regime-Gegnerinnen nach ihrer Entführung mittels sexueller Gewalt folterten, berichtet die spanische Tageszeitung "Publico". Der chilenische Staat muss zudem eine Entschädigung in Höhe von 80 Millionen Pesos (88.000 Euro) zahlen.
Zwischen 1974 und 1975 waren die weiblichen Opfer in der geheimen Haftanstalt "La Venda Sexy" in Chiles Hauptstadt Santiago de Chile festgehalten und gequält worden. Beatriz Bataszew, eine der Frauen und Mitglied der linken Partei "Movimiento de Izquierda Revolucionaria" (MIR), berichtet, sie sei nach ihrer Entführung in das Geheimgefängnis gebracht und systematisch missbraucht und vergewaltigt worden. "Die Belästigung und Vergewaltigung von Männern und Frauen fanden häufig statt, für die sie sogar einen ausgebildeten Hund verwendeten", zitiert "Publico" aus dem Urteilsspruch.
Im Valech-Report über die Diktatur-Verbrechen berichte eine andere Frau über Folter. "Elektroschocks, Vergewaltigung, Masturbation auf meinen Körper, sie fotografierten mich nackt", erinnert sich die Pinochet-Gegnerin, die im November 1974 verhaftet und im Folterzentrum festgehalten wurde. Bisher hatten chilenische Gerichte lediglich den Straftatbestand "Folter" auf Diktatur-Täter angewendet. Im jüngsten Urteil wurde erstmals die Geschlechterperspektive und "die Anwendung von Folter mit sexueller Gewalt" sowie eine "besondere Form der Gewalt gegen Frauen“ anerkannt. (bb)