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Bolivien, Ecuador |

Chaos statt Gerechtigkeit - Kommentar zum politischen Aus von Rafael Correa und Evo Morales

Die politischen Karrieren der prominenten Ex-Präsidenten Evo Morales und Rafael Correa sind vorerst beendet: juristisch, nicht durch die Wähler. Das ist in Lateinamerika bislang immer schiefgegangen. Ein Kommentar von Tobais Käufer 

Die zwei Galionsfiguren der politischen Linken in Lateinamerika, Rafael Correa und Evo Morales, dürfen bei den kommen Wahlen nicht teilnehmen. Foto:  Saludo de los Presidentes Evo Morales y Rafael CorreaCancillería del Ecuador,  CC BY-SA 4.0

Wäre der Rechtspopulist Jair Bolsonaro heute tatsächlich Präsident, hätte Ende 2018 Ex-Präsident Lula da Silva nicht in einer Zelle gesessen, sondern als Alternative auf einem Wahlzettel gestanden? Wären Venezuela sechs blutige Jahre erspart geblieben, wenn 2013 und später 2018 die aussichtsreichsten Gegenkandidaten von  Machthaber Nicolas Maduro nicht juristisch von den Wahlen ausgeschlossen gewesen wären. Und wie viele Studenten wären in Nicaragua noch am Leben, die in den letzten Jahren bei den Protesten gegen Diktator Daniel Ortega getötet wurden, hätte der Sandinist im Vorfeld der Wahlen 2016 nicht den Vorsitzenden der stärksten Oppositionspartei (PLI) Luis Roberto Callejas absetzen lassen.

Seit Wochenbeginn ist die Ahnengalerie der juristisch beendeten Politiker-Karrieren um zwei weitere sehr prominente Namen reicher: Boliviens Ex-Präsident Evo Morales und Ecuadors Ex-Präsident Rafael Correa. Die zwei politischen Schwergewichte der lateinamerikanischen Linken werden bei den nächsten Wahlen nicht antreten dürfen. Morales wollte im Oktober für den Senat kandidieren, Correa erwog eine Vize-Präsidentschaftskandidatur im kommenden Jahr. Aus und vorbei. Morales sitzt im Exil in Argentinien, Correa in Belgien.

Justiz nimmt Wählen die Möglichkeit selbst zu entscheiden 

Abgesehen davon, dass jede dieser juristischen Entscheidungen zumindest umstritten ist, haben sie eines gemeinsam: Sie sorgten anschließend für Fluchtbewegungen, Polarisierung und bisweilen bürgerkriegsähnliche Zustände. Statt Gerechtigkeit gab es Chaos und Wut.

 Meist stehen vergleichsweise kleinere Verfehlungen im Fokus der juristischen Urteile. Und meist die Beweislage auch nicht so eindeutig wie sie bei Entscheidungen dieser Tragweite eigentlich sein müssen, auch wenn es sich bei den Verurteilten ganz sicher nicht um Unschuldslämmer handelt. Das Problem ist nur: All diese Politiker inszenieren sich anschließend als Opfer, obwohl sie in hohem Maß Mitschuld an der gesellschaftlichen Fehlentwicklung tragen.

Und viel schwerwiegender: Die Justiz nimmt der Bevölkerung die Möglichkeit an der Wahlurne ein eigenes Urteil zu fällen und damit politische Krisen demokratisch zu lösen. Eine politische Aufarbeitung der Amtszeiten findet so gar nicht statt. So bleibt nach jedem Wahlgang ohne vollständige Opposition ein fader Beigeschmack: Deren Anhänger fühlen ausgegrenzt und sprechen dem Wahlsieger die Legitimation ab. 

Die Konsequenzen dieser „Siegerjustiz“, die linken wie rechten Regierungen im gleichen Maße die gewünschten Urteile liefert und unliebsame Konkurrenten aus dem Rennen nimmt, sind fast überall gleich: In Honduras, Nicaragua oder Venezuela wurden die Proteste blutig niedergeschossen. In Bolivien kokettierte Morales jüngst öffentlich mit der Gründung bewaffneter Milizen nach venezolanischem Vorbild. In Ecuador mobilisieren sich die Correa-Anhänger in Brasilien geht der Riss tief durch die ganze Gesellschaft. Keine dieser Entscheidungen hat die betroffenen Gesellschaften vorangebracht oder befriedet. Das lässt auch für die Zukunft in Bolivien und Ecuador nichts Gutes erahnen.

Tobias Käufer

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