Bundestag beschäftigt sich mit Verbrechen in Colonia Dignidad
Die Aufarbeitung der Verbrechen in der "Colonia Dignidad" in Chile ist am Donnerstag, 29. Juni 2017, Thema im Bundestag. Dazu liegt den Parlamentariern ein fraktionsübergreifender Antrag vor. Er fordert die Bundesregierung unter anderem auf, bis zum Sommer nächsten Jahres ein Konzept mit Blick auf Hilfeleistungen für Opfer vorzulegen und die Einrichtung einer Gedenkstätte auf dem Gelände der "Colonia Dignidad" voranzutreiben.
Auf dem rund 300 Quadratkilometer großen Areal sollen zeitweilig bis zu 350 Menschen gelebt haben, die zum Teil aus Deutschland stammten. Gründer von Colonia Dignidad war der gebürtige Bonner Paul Schäfer (1921-2010), der sich 1961 mit seiner Flucht nach Chile einem Haftbefehl wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in Deutschland entzog. Auf dem Gelände der Colonia Dignidad, rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago, versprach der aus einem freikirchlichen Umfeld stammende Laienprediger seinen Anhängern ein "urchristliches Leben im gelobten Land".
Tatsächlich führte Schäfer ein diktatorisches Regime und schottete die Sektenmitglieder von der Außenwelt ab. Zu den Verbrechen zählten unter anderem Freiheitsberaubung, Zwangsarbeit und Sklaverei, Kindesmissbrauch, Körperverletzung, Folter und Verabreichung von Psychopharmaka ohne medizinische Indikation. Während der chilenischen Militärdiktatur von 1973 bis 1990 wurden in der Colonia Dignidad hunderte chilenische Regimegegner vom chilenischen Geheimdienst gefoltert und Dutzende ermordet.
Heute leben noch etwa 100 Menschen, darunter sowohl Opfer als auch Täter, auf dem Gelände der Colonia Dignidad, die heute Villa Baviera heißt, und versuchen, die Anlage durch Land- und Forstwirtschaft sowie Restaurant- und Hotelbetrieb zu nutzen. Eine angemessene sowie würdevolle Erinnerung an die Opfer und die innerhalb der Colonia Dignidad begangenen Menschenrechtsverletzungen finde bislang nicht statt, heißt es in dem Antrag.
Quelle: KNA