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Brasiliens Ex-Präsident Lula verkündet erneute Kandidatur

Vor zwei Jahren saß der ehemalige Gewerkschaftsführer und Ex-Präsident noch wegen Korruption im Gefängnis. Nun könnte Lula bei der Präsidentschaftswahl im Oktober ein spektakuläres Comeback gelingen.

Lula hält eine Rede am Institut für Politische Studien in Paris, Frankreich, am 16. November 2021. Foto (Symbolbild): Lula no Instituto Sciences Po, Oliver Kornblihtt / Mídia NINJA, CC BY-NC 4.0

Lula da Silva, Ex-Präsident von Brasilien, hält eine Rede am Institut für Politische Studien in Paris, Frankreich, am 16. November 2021. Foto (Symbolbild): Lula no Instituto Sciences PoOliver Kornblihtt / Mídia NINJACC BY-NC 4.0

Mit "Ole-Ole-Lula"-Rufen und bekannten Liedern vergangener Wahlkämpfe feierte Brasiliens Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) am Samstag in der Wirtschaftsmetropole Sao Paulo die Nominierung ihres Gründers Luiz Inacio Lula da Silva für die anstehende Präsidentschaftswahl. "Lula" regierte Brasilien bereits von 2003 bis 2010 und führte dabei Millionen Menschen aus der Armut. Das will er nun noch einmal hinbekommen.

Lula will es noch einmal wissen

Der 76-Jährige tritt zum sechsten Mal an. 1989, 1994 und 1998 scheiterte er, 2002 und zur Wiederwahl 2006 gewann er die Wahlen. Als er Ende 2010 sein Amt an seine Parteikollegin Dilma Rousseff abgab, lagen seine Zustimmungswerte bei unerreichten 83 Prozent. Dazu beigetragen hatten Sozialprogramme wie "Bolsa Familia" (Familienstipendium) und die Förderung von Studienmöglichkeiten von Jugendlichen aus armen Familien. Im Bereich Umweltschutz war es gelungen, die Abholzung am Amazonas, die inzwischen wieder Rekordwerte erreicht, auf historische Tiefststände zu führen.

So erinnerte Lula bei seiner Rede am Samstag vor 4.000 geladenen Zuhörern an seine früheren Erfolge. "All das, was das brasilianische Volk damals erreicht hat, wird durch die derzeitige Regierung zerstört", erklärte er mit Blick auf die Regierung des rechtspopulistischen Ex-Militärs Jair Messias Bolsonaro. "Brasilien ist zurück auf der Uno-Liste der hungerleidenden Länder, nachdem wir es doch 2014 zum ersten Mal in unserer Geschichte geschafft hatten, diese Liste zu verlassen." Die unter ihm weltweit sechstgrößte Wirtschaftsmacht sei unter Bolsonaro auf Platz 12 abgestürzt, bedauerte er.

Umfragevorsprung von zehn Prozent

Entgegen seiner Gewohnheit las Lula seine Rede vom Blatt ab. Kritik an zuletzt flapsigen und offenbar unüberlegten Äußerungen dürfte dahinterstehen. So verglich Lula Ende 2021 Nicaraguas sozialistischen Diktator Daniel Ortega mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vor einigen Tagen gab er in einem "Time"-Interview der Ukraine und den USA eine Mitschuld am Krieg mit Russland. Zudem hatte er mit leicht dahingesagten Bemerkungen die Polizei und die Militärs gegen sich aufgebracht.

Die ungewohnten Fauxpas des erfahrenen Wahlkämpfers haben dazu beigetragen, seinen noch vor Monaten bei rund zwanzig Prozentpunkten liegenden Vorsprung schmelzen zu lassen. Derzeit sehen Umfragen ihn etwa zehn Prozentpunkte vor Amtsinhaber Bolsonaro. Dieser profitiert vom Ende der Pandemiemaßnahmen, die die Wirtschaft anlaufen und Optimismus bei der Bevölkerung entstehen lassen. Zudem hat Bolsonaro Lulas "Bolsa Familia" durch ein noch spendableres Sozialprogramm ersetzt.

Arbeiterpartei scheiterte an Korruptionsskandal

Auch haben viele Brasilianer die zahlreichen Korruptionsskandale während der PT-Regierung (2003-2016) nicht vergessen. In Lulas Amtszeit war ein Korruptionssystem zum Stimmenkauf im Kongress aufgeflogen. Und ab 2014 deckten Ermittler Zug um Zug Korruptionsskandale beim halbstaatlichen Energieriesen Petrobras auf, mit denen die Wahlkampfkassen nahezu aller politischen Parteien gefüllt wurden. Obwohl es keinerlei Beweise gegen die damalige Präsidentin Dilma Rousseff gab, wurde sie 2016 vom Kongress gestürzt.

Noch härter traf es Lula, der von April 2018 bis November 2019 wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis saß. Der Ex-Präsident, der stets seine Unschuld beteuerte, verpasste dadurch die Wahlen 2018, bei denen er als Favorit galt. Von seiner Abwesenheit profitierte der bis dahin weit zurückliegende Bolsonaro. Lula bezeichnete die Korruptionsermittlungen als Verschwörung, um seine Arbeiterpartei aus der Regierungsverantwortung zu drängen.

Strafprozesse gegen Lula annulliert

Dass Lula überhaupt bei der Wahl am 2. Oktober und einer eventuellen Stichwahl am 30. Oktober antreten kann, verdankt er einer Gruppe von Hackern. Diese hatten die Telefone der Korruptionsermittler angezapft und Belege gefunden, dass es Absprachen mit dem zuständigen Richter Sergio Moro gab, um Lula möglichst rasch zu verurteilen. Im März 2021 annullierte das Oberste Gericht daraufhin alle Prozesse gegen Lula. Richter Moro sei befangen und sein Gericht überhaupt nicht zuständig gewesen. Die Prozesse müssten neu aufgerollt werden.

Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Vielmehr würde Lula nach einem Wahlsieg Immunität genießen. Für den Urnengang hat er eine breite Allianz geschmiedet, der neben linken Parteien auch Teile der Mitte angehören. Als möglichen Vizepräsidenten hat er den ehemaligen Gouverneur von Sao Paulo, Geraldo Alckmin, gewonnen, der 2006 erfolglos gegen Lula angetreten war. Die einstige Gegnerschaft sei angesichts der Gefahr, die Bolsonaro für die brasilianische Demokratie darstelle, nicht wichtig, erklärte der als konservativ geltende Sozialdemokrat Alckmin.

Autor: Thomas Milz, Rio de Janeiro (kna)

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