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Brasilien: Sozialwissenschaftler erforschen „Bolsonarismo“

Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass der umstrittene Präsident Jair Bolsonaro sich die Ablehnung von Institutionen zunutze mache, die tief in Brasiliens Geschichte verwurzelt sei. Es handele sich nicht einfach um eine Variante des Trumpismus.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro bei einem offiziellen Termin zur Schlüsselübergabe für neu gebaute Wohnungen an bedürftige Familien in Campina Grande im November 2019. Foto: 11/11/2019 Cerimônia de entrega, Palácio do Planalto, Alan Santos/PR, CC BY 4.0

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro bei einem offiziellen Termin zur Schlüsselübergabe für neu gebaute Wohnungen an bedürftige Familien in Campina Grande im November 2019. Foto (Symbolfoto): 11/11/2019 Cerimônia de entregaPalácio do Planalto, Alan Santos/PR, CC BY 4.0

Der Soziologie-Professor Fabio Baldaia vom Instituto Federal da Bahian (IFBA) ist einer der Autoren der Studie über den Bolsonarismo, der als ein gleichermaßen soziokulturelles wie politisches Phänomen verstanden wird. Die vom Präsidenten vertretene Ablehnung von Impfungen gegen Corona verfange bei den Brasilianern nicht und sei geradezu exotisch. Sie ließen sich und ihre Kinder seit Jahrzehnten impfen. Der Bolsonarismo funktioniere hingegen dort, wo er an Einstellungen andocke, die sich bereits über einen langen Zeitraum in Brasilien hielten.

„Brasil de Fato“ hat ein Interview mit den drei Autoren der Studie geführt. Sie vertreten die These, dass es in Brasilien seit Jahrhunderten eine Ablehnung von Institutionen gebe. Werte, Anschauungen und Moral der Menschen, aber auch ein spezieller Humor hätten sich abseits des Staates herausgebildet. Für die Brasilianer sei die Familie die wichtigste Struktur, nicht der Staat. Anders als der Staat verleihe die Familie Schutz. Dies mache sich Bolsonaro zunutze, indem er sich als ein Verteidiger der Familie stilisiere. 

Bolsonarismo hat gesellschaftliche Wurzeln

Fabio Baldaia erklärt in dem Interview, er habe sich von Beginn an daran gestört, dass der Bolsonarismo als eine Art politischer Bruch aufgefasst werde. Er sei aber keineswegs aus dem Nichts gekommen oder erst durch die Medien groß geworden. Der Bolsonarismo werde auch nicht mit dem Präsidenten einfach verschwinden. Es habe ihn schon vorher gegeben, ohne den Namen Bolsonaro zu tragen. 

Die Wissenschaftler sprechen von „Brasil Profundo“, einem "tiefreichenden Brasilien", das im Bolsonarismo zum Ausdruck komme. Der Philosophie-Professor Tiago Medeiros hält den Vergleich von Bolsonaro mit Trump und anderen Rechtspopulisten für falsch. Er sei kein Phänomen der Zeit, sondern habe typische brasilianische Wurzeln. Es gebe an Bolsonaro Dinge, die weder klassisch konservativ noch liberal seien. Dies werde zum Beispiel in der Ernennung von Paulo Guedes zum Wirtschaftsminister erkennbar, der einen wirtschaftsliberalen Kurs verfolgt. 

Der Soziologie-Professor Sinval Araújo verweist auf die Herausbildung eines peripheren Kapitalismus in Brasilien. Ein Teil der Bevölkerung habe immer am Rande des Staates zusehen müsse, wie er überlebe. Der autoritäre Diskurs des Bolsonarismo enthalte Elemente aus der Zeit von Getúlio Vargas, genauso wie aus der Zeit der Militärdiktatur. (bs)

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