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Brasilien: Journalist und Indigenen-Forscher weiter in Amazonien vermisst

Seit zehn Tagen sind ein britischer Journalist und ein brasilianischer Indigenen-Experte in Amazonien verschwunden. Alles deutet auf ein Verbrechen hin. Die Regierung hat über die Region längst die Kontrolle verloren.

Folgen der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes im illegalen Goldgräbercamp La Pampa in der Pufferzone zum Nationalpark Bahuaja-Sonene im Südosten Perus. Foto: Adveniat/Tina Umlauf

Folgen der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes im illegalen Goldgräbercamp La Pampa in der Pufferzone zum Nationalpark Bahuaja-Sonene im Südosten Perus. Foto: Adveniat/Tina Umlauf

Am Montagmorgen überschlugen sich die Nachrichten. Dom Phillips (57) und Bruno Pereira (41) seien tot aufgefunden worden, berichteten Medien. Die brasilianische Botschaft in London habe der Familie des britischen Journalisten Phillips mitgeteilt, die Leichen seien an einen Baum gefesselt gewesen. Minuten später widersprach die ermittelnde Bundespolizei: Es gebe keine Leichen.

Suche nach den Männern geht weiter

Das seltsame Hin und Her ist symptomatisch für die chaotische Such- und Kommunikationspolitik der Regierung. Als Phillips und Pereira am 5. Juni im Westen Amazoniens verschwanden, machten sich Bewohner der Region um die Stadt Atalaia do Norte sofort auf die Suche. Das brasilianische Militär hingegen wartete am Folgetag noch auf den Auftrag aus der Hauptstadt Brasilia. Der kam erst einen weiteren Tag später. So waren wertvolle 48 Stunden verstrichen, bevor die Boote und Hubschrauber das weitläufige Flussgebiet des Vale do Javari absuchten. Phillips, der seit Jahren in Brasilien lebt und hauptsächlich für den "Guardian" schreibt, hatte Interviews mit Indigenen für ein Buch über Amazonien geführt. Dabei wurde er von Bruno Pereira begleitet, einem führenden Indigenen-Experten Brasiliens.

Über Jahre war Pereira Leiter der Abteilung für isolierte Völker bei der staatlichen Indigenenbehörde Funai. Anfang 2019 hatte er eine Expedition zu isoliert lebenden Indigenen im Gebiet Vale do Javari, mit 8,5 Millionen Hektar das zweitgrößte Indigenengebiet Brasiliens, angeführt. Nur wenige Wochen später setzte ihn die Regierung von Präsident Jair Messias Bolsonaro ab. Statt Schutz will Bolsonaro die wirtschaftliche Öffnung der Indigenengebiete.

Goldsucher, Holzhändler und Drogenbanden im Schutzgebiet

Im Vale do Javari ist das schon Realität. Goldsucher, Holzhändler, Drogenbanden und Jäger treiben hier ihr illegales Unwesen. Pereira hatte die fehlenden Finanzmittel angekreidet, ohne die die Funai das Gebiet und die hier lebenden Indigenen nicht schützen kann. Immer öfter sei es zu Angriffen auf die Kontrollbasen gekommen. Nachdem ein Funai-Mitarbeiter in der Region ermordet wurde, gab es auch Drohungen gegen Pereira. Medien berichten nun, dass auf Aktivisten wie ihn in der Amazonasregion Kopfgelder ausgesetzt sind.

Auch gegen Phillips soll es Drohungen gegeben haben, nachdem dieser in einem Interview mit Bolsonaro im Juli 2019 Fragen zur zunehmenden Abholzung in Amazonien stellte. "Zuerst einmal müssen Sie verstehen, dass Amazonien uns gehört, und nicht Ihnen", antwortete ein sichtlich angefressener Bolsonaro. Kein Land der Welt habe das Recht, Brasilien wegen Amazonien zu kritisieren. Denn man schütze mehr als alle anderen. Goldgräbern und illegalen Jägern gilt Bolsonaro als Held.

Drohungen gegen Phillips und Pereira

Ob all diese Vorgänge mit dem Verschwinden der beiden zu tun haben? Einen Tag zuvor sollen Phillips, Pereira und einige sie begleitende Indigene von drei Personen mit Gewehren bedroht worden sein. Diese hatten offenbar versucht, nach Vale do Javari zu gelangen. Phillips soll die Situation mit seinem Handy gefilmt haben, Pereira wollte die Männer am nächsten Tag nach seiner Rückkehr in Atalaia do Norte anzeigen.

Die Ermittler gehen davon aus, dass die Männer dem Boot von Phillips und Pereira am nächsten Morgen folgten. Was genau geschah, ist unklar. Bisher hat die Polizei Blutspuren am Boot eines Anwohners gefunden und persönliche Gegenstände der beiden in der Nähe des Hauses des Verdächtigen.

Staat unternimmt nichts zum Schutz der Indigenen

In einem offenen Brief drückte die katholische Fachstelle für Indigenenfragen "Cimi" ihre Sorge über das Schicksal der beiden Verschwundenen aus. Man habe immer wieder die illegalen Aktivitäten von Eindringlingen in dem Indigenengebiet den Behörden gemeldet. Goldsucher, Holz- und Drogenhändler fühlten sich hier sicher, da der Staat nichts gegen ihre Angriffe auf Indigene unternehme. Man müsse mit ansehen, wie die Kontrollmechanismen der Funai weiter von der eigenen Regierung geschwächt werden, so Cimi.

Bolsonaro vermutet derweil, dass die beiden Verschwundenen hingerichtet wurden. Man habe ihnen wohl Schreckliches angetan, so der Präsident. Und doch gibt er beiden offenbar eine Mitschuld an den Ereignissen. Sie hätten sich mit ihrem Urwald-Tripp auf ein nicht zu empfehlendes Abenteuer eingelassen.

Quelle: kna, Autor: Thomas Milz

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