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Uruguay |

Amnestieaufhebung stürzt Regierungskoalition in die Krise

Nach zwölfstündiger Debatte und mit nur einer einzigen Stimme Vorsprung hat der uruguayische Senat in der Nacht zum Mittwoch das Amnestiegesetz für ungültig erklärt. Damit ist der Weg frei für die juristische Verfolgung der Diktaturverbrechen der Jahre 1973 bis 1985. Mit 16 Stimmen dafür und 15 dagegen endete in den frühen Morgenstunden eine der längsten und hitzigsten Debatten in dem südamerikanischen Land.

Es war ein knapper Sieg der linken Regierungskoalition Frente Amplio – und eine politische Zerreissprobe. Denn das 1986 kurz nach Ende der Diktatur vom Kongress erlassene Amnestiegesetz polarisiert Uruguay wie kein anderes Thema.

Zwei Volksabstimmungen

Bereits zweimal, 1989 und 2009, gab es Volksabstimmungen darüber, ob das Gesetz annulliert werden solle; beide Male siegte das „nein“. Wieder aufgegriffen wurde das Thema, nachdem Uruguay im März vom Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof deshalb verurteilt worden war. Die im Senat leicht veränderte Vorlage muss nun noch einmal zurück ins Parlament und anschließend von Präsident José Mujica verkündet werden, um in Kraft zu treten.

Der unter der Militärdiktatur inhaftierte und gefolterte Mujica hat bereits angekündigt, das Votum des Parlaments zu respektieren. Allerdings rechnet der Politologe Oscar Botinelli mit Klagen gegen das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit. Damit hätte das Oberste Gericht das letzte Wort zu dem Thema.

Sieg für Menschenrechtsorganisationen

Die Abstimmung ist ein Sieg für die Menschenrechtsorganisationen, die seit langem um eine juristische Aufarbeitung der Verbrechen der Militärdiktatur kämpfen. „Damit wird Gerechtigkeit geschaffen“, sagte der Menschenrechtsanwalt José Luis González.In den vergangenen Jahren gab es kleinere Fortschritte, da die Justiz im Zuge der internationalen Rechtssprechung bestimmte Verbrechen wie Kindesraub und Verschwindenlassen als nicht amnestierbare Verbrechen anerkannte und ein paar Prozesse gegen Diktaturschergen anstrengte.

Bürgerliche Opposition geschlossen dagegen

Die bürgerliche Opposition stimmte geschlossen gegen die Aufhebung der Amnestie. Dies entzünde einen schwer kontrollierbaren Flächenbrand, sagte Francisco Gallinal. Denn nun müssten auch die Verbrechen der Guerilla juristisch geahndet werden. Außerdem liefe die Initiative dem Volkswillen zuwider. Armeechef General Jorge Rosales erklärte der Presse, die Militärzirkel seien „beunruhigt“.

Regierungskoalition gespalten

Die Debatte brachte auch die Regierungskoalition an den Rand einer Spaltung. Befürworter der Vorlage wie Oscar Lopez Goldaracena argumentierten, die Amnestie sei unvereinbar mit der Verfassung und mit internationalen Menschenrechtskonventionen. Nach der Abstimmung, in der er sich der Fraktionsdisziplin gebeugt und „ja“ gestimmt hatte, legte Senator Eleuterio Fernandez Huidobro sein Amt nieder. „Die Frente Amplio begeht einen schweren Fehler”, sagte der ehemalige Guerillero.

Senator Jorge Saravia, dessen Partei Espacio 609 der Regierungskoalition angehört, stimmte gegen die Annullierung und wurde deshalb aus der Partei verstoßen. Senator Rodolfo Nin Novoa, der sich ebenfalls dagegen ausgesprochen hatte, ließ sich beurlauben, um nicht abstimmen zu müssen. In dem Drei-Millionen-Einwohner-Land starben während der Diktatur nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen knapp 300 Menschen, tausende wurden inhaftiert oder ins Exil gezwungen.

Autorin: Sandra Weiss

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