Amerika-Gipfel ohne Mexiko und Honduras
Beim Amerika-Gipfel in Los Angeles wird vor allem über die geredet, die nicht dabei sind: Kuba, Nicaragua und Venezuela - sowie die nicht angereisten Staatschefs aus Mexiko und Honduras. Dabei gibt es brennendere Themen.
Eigentlich hätte der noch bis Freitag dauernde Amerika-Gipfel in Los Angeles zu einer Wiederannäherung der USA an Lateinamerika führen sollen. So der Plan der US-Regierung um Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris. Doch stattdessen drehte sich im Vorfeld alles vor allem darum, ob die drei Linksautokratien Kuba, Venezuela und Nicaragua vom Gastgeber USA eingeladen werden würden oder nicht. Bis zur letzten Minute gab es hinter den Kulissen ein zähes Ringen, am Ende aber blieben die USA bei ihrer Sichtweise: Die drei Länder missachteten die demokratischen Grundrechte und würden deshalb nicht eingeladen.
Bolivien und Vertreter der Karibik fehlen
Die Reaktion folgte prompt: Mexikos Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador sagte seine Teilnahme ab. Stattdessen sei ein bilaterales Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Juli geplant, teilte López Obrador mit. Zuvor hatte bereits Honduras' neue linksgerichtete Präsidentin Xiomara Castro ihre Teilnahme an der unregelmäßig stattfindenden Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs aus Lateinamerika, der Karibik und Nordamerika abgesagt. Weitere Regierungschefs wie Boliviens Präsident Luis Arce oder Vertreter aus der Karibik kommen ebenfalls nicht.
López Obrador und Castro hatten zuvor ihre Anreise davon abhängig gemacht, ob die USA auch Kuba, Venezuela und Nicaragua einladen werde. Ein Gipfel ohne die drei Länder sei kein Amerika-Gipfel, hatte Castro erklärt. Kritik an der Entscheidung übte in Honduras überraschend der linksgerichtete Ex-Präsidentschaftskandidat Salvador Nasralla, der erklärte, Präsidentin Castro habe eine nicht abgestimmte, exklusive Entscheidung getroffen und Honduras so eine Chance verpasst. Nasralla gehört eigentlich dem Regierungslager an.
In Mexiko rief Oppositionspolitiker Ricardo Anaya Präsident López Obrador dazu auf, damit aufzuhören die Tyrannen zu unterstützen. Er solle stattdessen zum Gipfel reisen und über die Zukunft des Kontinents diskutieren.
Chile fordert offenen Dialog
Der Ausschluss der drei Länder sei ein Fehler, meinte zwar auch der neue linksgerichtete chilenische Präsident Gabriel Boric, der allerdings nach Los Angeles abreiste. Er gehört zu den wenigen Linkspolitikern in Lateinamerika, die die Menschenrechtslage in den drei Ländern öffentlich kritisieren. Deren Exklusion sei allerdings auch keine Lösung, so Boric, der stattdessen einen Dialog einforderte.
Unmittelbar vor Beginn des Gipfels hatten derweil die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch und Amnesty International auf die verzweifelte Lage der Migranten in der Region hingewiesen. "Für Millionen von Menschen in Amerika ist die Suche nach internationalem Schutz der einzige Weg, um Mindestbedingungen für Würde und Zugang zu Grundrechten wie Gesundheit, Nahrung und Sicherheit zu erhalten", sagte Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty International in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme.
Menschenrechtsorganisationen für Migrationspakt
Sollten sich die Staatsoberhäupter der Region auf einen Migrationspakt einigen, müsse es sich um ein Instrument handeln, das sich auf die Gewährleistung der Menschenrechte konzentriere und wirksame und dauerhafte Lösungen anbiete. "Die Staaten müssen koordinierte Maßnahmen zum Schutz von Migranten und Flüchtlingen in Amerika ergreifen und dabei differenzierte Ansätze für einen spezifischen Fokus auf Risikogruppen wie unter anderem unbegleitete Migrantenkinder, Frauen und LGBTI-Personen berücksichtigen", sagte Guevara-Rosas.
Ähnlich äußert sich Tyler Mattiace von Human Rights Watch: Das Outsourcing der US-Südgrenze nach Mexiko habe zu schweren Misshandlungen geführt und Hunderttausende gezwungen, unter entsetzlichen Bedingungen zu warten, um Schutz zu suchen: "Der Amerika-Gipfel ist eine Gelegenheit für regionale Politiker, sich zu einem regionalen Migrationsabkommen zu verpflichten, das sich von einer hartnäckigen Durchsetzungspolitik weg und hin zu Schutz und Menschenrechten bewegt", so Mattiace.