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Mexiko, USA |

100 Tage Biden: Mexiko im Wartestand

Für Mexiko brachten die ersten 100 Tage von Joe Biden weniger Änderungen als erwartet. Das Verhältnis zu Washington bleibt unterkühlt. Doch trotz vieler Reibungspunkte besteht die Chance auf eine neue bilaterale Agenda.

Joe Biden 2019 in Iowa. Foto: Jill Biden & Joe Biden, Gage Skidmore, CC BY-SA 4.0

Joe Biden 2019 in Iowa. Foto: Jill Biden & Joe Biden, Gage SkidmoreCC BY-SA 4.0

Die Beziehungen zur neuen US-Regierung "sind kooperativ auf der Basis des gegenseitigen Respekts der Souveränität", sagte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador am Mittwoch in seiner morgendlichen Pressekonferenz. Das klingt unverfänglich, deutet jedoch auf ein "eher unterkühltes" diplomatisches Klima zwischen den beiden Ländern hin, so die Einschätzung mehrerer Experten gegenüber der DW.

Fehlende diplomatische Kanäle und keine persönliche Chemie

"Anzeichen für ein unterkühltes Verhältnis gibt es einige", sagt etwa José Antonio Crespo, Historiker am Zentrum für Wirtschaftsforschung und -lehre (CIDE) in Mexiko-Stadt. So sind beide Botschaften derzeit noch ohne neuen Amtsträger. Das erschwert laut Crespo den informellen Austausch und Dialog. Zwischen Mexiko und der US-Vorgängerregierung unter Donald Trump habe es zahlreiche informelle Kanäle gegeben, die nun schon ungewöhnlich lange fehlten, erklärte er.

Das dürfte sich nach Ansicht von Stephanie Brewer, Direktorin für Mexiko und Migration im Washingtoner Lateinamerika Think-Tank Wola, aber bald ändern: "Biden trat sein Amt in einer komplexen Situation an, inmitten einer Gesundheitskrise durch die schlecht gemanagte Corona-Pandemie", erklärte sie der DW. Der unter Trump geschwächte Verwaltungsapparat musste erst neu aufgestellt werden. "Dass Botschafter da keine Priorität hatten, ist verständlich, wird aber wohl bald nachgeholt. Jedenfalls kursieren schon erste Namen."

Auch die Chemie zwischen Biden und López Obrador scheint nicht wirklich zu stimmen. "Eine erste Telekonferenz zwischen den beiden verlief eher distanziert," schildert Crespo, "im Gegensatz etwa zur herzlichen Atmosphäre zwischen Biden und dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau". Beim virtuellen Klimagipfel vor einer Woche hörte Biden dann lieber eine US-mexikanische Klimaaktivistin an als den mexikanischen Präsidenten. Für den Historiker „ein Zeichen dafür, dass ihm López Obradors Umwelt- und Energiepolitik missfällt".

Zwischen Kollision und Stillstand

Diese dürfte auch nach Auffassung der Außenpolitik-Expertin Gabriela de la Paz von der Universität Tec de Monterrey einer der größten Reibungspunkte der beiden Länder werden. "In der Umweltpolitik haben beide Länder eine gegensätzliche Agenda und sind auf Konfrontationskurs", sagte sie im Gespräch mit der DW. Sie bezieht sich damit auf das neue, im März verabschiedete mexikanische Energiegesetz, das fossile Energien und den staatlichen Mineralölkonzern Pemex gegenüber privaten Investoren und erneuerbaren Energien bevorzugt. Das Gesetz wurde von Umweltschützern als klimaschädigend und von europäischen und der US-amerikanischen Handelskammer als "unternehmerfeindlich" betitelt.

In Sachen Migration wiederum blieb Biden hinter den Erwartungen zurück, kritisiert Brewer. "Wir sehen in den ersten 100 Tagen noch keinen klaren Kurswechsel und keine Abkehr von Trumps Migrationspolitik, die wir erwartet haben", sagte sie im Gespräch mit der DW. Biden erlaube zwar die Einreise minderjähriger Asylbewerber und einiger Familien, halte aber sonst an der Politik der geschlossenen Grenzen seines Vorgängers fest und weise nach wie vor sehr viele Asylbewerber ab, kritisiert sie. "An der grundlegenden Strategie hat sich nichts geändert; die USA nutzen Mexiko weiter als Bollwerk gegen die Migranten." Das sieht auch Crespo ähnlich: "Während Trump Mexiko mit Strafzöllen drohte, lockt Biden mit Impfstoffen. Der Ton bei Biden ist freundlicher. Das Ziel aber ist dasselbe."

Neuorientierung der Drogenpolitik?

Unklarheit herrscht aus Sicht der Analysten beim Thema Sicherheitspolitik. Die Zusammenarbeit in der Drogenbekämpfung ist nach Auffassung Crespos sehr angespannt, seit der ehemalige mexikanische Verteidigungsminister Salvador Cienfuegos in den USA festgenommen und Ende vergangenen Jahres nach Mexiko abgeschoben worden war. "Beide Seiten sind wütend und misstrauen einander, die Kooperation ist teilweise eingefroren, und noch ist unklar, wie sie wieder in Gang kommt", so Crespo.

Für de la Paz hängt die Zukunft der Sicherheitskooperation auch davon ab, ob die USA ihre Strategie zur Drogenbekämpfung generell überarbeiten und das Thema mehr unter dem Fokus der öffentlichen Gesundheit als der Sicherheit angehen. "Daran wird sich auch die künftige Zusammenarbeit mit Mexiko orientieren."

Quelle: Deutsche Welle, Autorin: Sandra Weiss

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